Wanderprediger (aus der Schedelschen Weltchronik Blatt CCLV, 1493)

Fahrendes Volk

Der Gaukler, Hieronymus Bosch um 1480

Öffentliche Enthauptung eines Verbrechers mit Kindern als Publikum. Kupferstich von Daniel Chodowiecki, aus Johann B. Basedows Elementarwerk 1774

Öffentliche Schauspiele, Feste und Hinrichtungen

Die öffentliche Kommunikation fand auch außerhalb der kirchlichen Sphäre fast ausschließlich unter der Regie und Kontrolle der Kirche statt: religiöse Unterweisung und Predigten unter freiem Himmel, Kirchenfeste mit Prozessionen und das Kirchenjahr begleitende kirchliche Schauspiele auf den Kirchenvorplätzen.
Weltliche Elemente gab es bei großen Festen und Märkten durch das „fahrende Volk“ der Gaukler, Possenreißer, Akrobaten, Erzähler und Musikanten. Die Bedeutung von Volksfesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen für Kinder und die Kinderkultur wurde von der Forschung bisher kaum untersucht und gewürdigt.

Schauspiele
Als szenisch-visuelles Medium waren die kirchlichen Schauspiele, die das Kirchenjahr begleiteten, vor allem in städtischen Kommunikationsräumen von großer Bedeutung, ebenso die öffentlichen Bestrafungen und Hinrichtungszeremonielle, in denen sich religiöse, unterhaltende und disziplinierende Funktionen mischten.

Kirchweihen, Feste und Märkte
Märkte und Feste waren in der statisch-immobilen Gesellschaft früherer Jahrhunderte, in der die Mehrzahl der Leute lebenslang an ihren Geburtsort gebunden blieb, von besonderer Bedeutung. Die angereisten Händler und das „Fahrende Volk“ machten solche Ereignisse nicht bloß zu Nachrichten-, Dienstleistungs- und Warenbörsen, sondern ebenso zu Terminen der Begegnung (Heiratsmarkt) und des Vergnügens. Nähere Informationen zu Jahrmärkten, Zoos, Zirkusspektakeln und Vergnügungsparks finden Sie hier.

Öffentliche Strafen und Hinrichtungen
Die aus heutiger Sicht kaum mehr nachvollziehbare Unbekümmertheit bei der Konfrontation der Kinder mit Darstellungen und Schilderungen von Grausamkeit und Gewalt wurde noch übertroffen durch die Anwesenheit von Kindern bei den beliebten öffentlichen Hinrichtungen. Vielerorts erhielten die Kinder dazu schulfrei oder mussten gar als Chor diese Spektakel des Schreckens mit frommen Gesängen umrahmen.

Dass diese „Schwarze Pädagogik“ (Katharina Rutschky) der Furcht und Einschüchterung auch unter den aufklärerischen Pädagogen des 18. Jahrhunderts noch üblich war, belegt das für den Schulunterricht konzipierte „Elementarwerk“ (1774) von Johann B. Basedow, der unter diese und ähnliche Szenen stets den Kommentar setzte:
"Kinder, gewöhnt euch, der Obrigkeit zu gehorchen, denn [...] ihre Strafen sind furchtbar.“
Die Faszination an religiös legitimierter Gewalt führte seit dem Barockzeitalter sogar zu heute makaber-skurril anmutenden Straf- und Folterautomaten im kirchlichen Raum, die gerade auf Kinder einen nachhaltigen Eindruck gemacht haben dürften. Der noch im 20. Jahrhundert in vielen Kirchen dankbar kopfnickende „Missionsneger“ als Opferstock ist nur noch ein vergleichsweise harmloser Nachfahre dieser mechanischen Kunstwerke.