Tonfilmanlage für häusliche Zwecke von Bing, 1909.
"Tonbild-Apparate 'Kinographon'. Kinematographische Vorführung in Verbindung mit Sprechmaschine. Grösste Neuheit! Darstellung eines completen Tonbild-Instrumentariums bestehend aus: Kinematograph, Synchron-Apparat und Sprechmaschine." (Quelle: Gebrüder Bing: Optische Spielwaren und Lehrmittel. Nürnberg 1909, S.177)

Laterna magica / Filmprojektor aus Blech für Glasbildstreifen und 35mm-Rollfilme. Antrieb und Beleuchtung elektrisch. Bing Nürnberg, ca. 1925. Inv.-Nr. 1221

"Pouva Magica Jugendbildwerfer"
35mm-Rollfilm-Projektor aus Bakelit, Antrieb und Beleuchtung elektrifiziert, DDR 1950. Inv.-Nr. 0631

Super-8 Heimkinofilm "Popey und Brutus. Schrecken der Meere", schwarz/weiß, ohne Ton. Durchmesser der Spule 9 cm. Filmlänge ca. 30 m. Schongerfilm, Ende 1970er Jahre. Inv.-Nr. 1082

Die Geschichte des Heimkinos

Entwicklung der Abspielgeräte und Filme

Der deutsche Erfinder und Filmfabrikant Oskar Messter bemühte sich Ende des 19. Jahrhunderts bewusst darum, den Abnehmerkreis seiner kinematographischen Produkte über das Schaustellergewerbe hinaus zu erweitern, indem er billige und leicht zu bedienende Geräte für Amateure und kleine Privatvorführungen anbot. Aus über 80 fertigen Filmen konnte das Programm für „Herrenabende", „Kaffeetafeln", Kompagnie- und Vereinsfeiern und natürlich für spezielle Kindervorstellungen zusammengestellt werden. Im Special-Catalog No. 32 von 1898 wurden u.a. folgende für Kinder geeignete Titel angeboten: „Junge Löwen im zoologischen Garten, „Eine Wasser-Rutschbahn", „Hänsel und Gretel", „Ringkampf der Heinzelmännchen". Die Preise für die Heim-Kinematographen lagen zwischen 50 und 150 Mark. Fertige Filme mit 9 bis 12 bzw.18 bis 24 Metern Länge kosteten bei Messters 25 bzw. 50 Mark.
Von vornherein als häusliches Spielzeug konzipiert waren die Produkte der Nürnberger Bing AG, die wesentlich günstigere Projektoren mit „kinematographischen Bildstreifen (Films)" feil bot. Die Geräte gab es bereits zu Preisen zwischen 5,50 und 13 Mark, Filme (wahrscheinlich unter einem Meter Länge) kosteten 40 Pfennige. Somit lagen häusliche Projektoren auf dem Preisniveau der beliebten Spielzeug-Dampfmaschinen. Das Heimkino dürfte vor dem Ersten Weltkrieg zwar kein Vergnügen für jedermann gewesen sein, aber auch nicht ausschließlich eine gehobene bürgerliche Salonattraktion. An Motiven boten die Filme Reise- und Militärszenen, Straßen- und Städteansichten, Tierbilder und Expeditionsaufnahmen, humorige Sketche, Verfolgungsjagden sowie Tier- und Zaubernummern.

Etwa ab 1910 wurden die Beleuchtung und vereinzelt auch der Antrieb der Heimkinoprojektoren elektrifiziert, ab 1920 wurde die Verwendung von Batterien üblich. Durch die elektrische Beleuchtung verbesserte sich die Lichtstärke und damit auch die Größe der Bildprojektion erheblich. Der beste von Bing 1915 angebotene „Familien-Kinematograph" konnte bei elektrischem Netzanschluss Bilder bis zu 2 Metern Breite projizieren. Um Töne wurde der Film durch das von Bing produzierte „Kinographon" bereichert, eine Tonfilmapparatur für den familiären Hausgebrauch, bestehend aus „Kinematograph" (Projektor), „Sprechmaschine" (Grammophon) und einem „Synchron-Apparat", der die beiden Geräte verband und die Geschwindigkeit anglich. Dazu gab es ein Angebot von 30 Tonbild-Filmen (mit den zugehörigen Schallplatten von zwölf bzw. 18 cm Durchmesser (was auf eine Laufzeit von ein bis zwei Minuten schließen lässt).

Formate
Das Format der Amateur- und Heimkinofilme betrug anfangs, wie das der professionellen Schaustellerkinos 35 mm. In den 1920er Jahren setzte sich die Verkleinerung der Filmformate für Amateur- und Heimkinofilme endgültig durch auf den bis heute im Gebrauch befindlichen und vor allem im schulischen Bereich üblichen 16mm-Film. Der ab 1932 produzierte 8mm-Film war bis in die Mitte der 1960er Jahre das verbreiteteste Heimkino-Standardformat. Im 8mm-Format ergaben 120 Filmmeter bei 18 Bildern pro Sekunde etwa 26 Minuten Spielzeit.

Auch andere führende Spielwaren- und insbesondere Laterna-magica-Hersteller wie Falk, Lehmann oder Plank führten zu dieser Zeit schon vergleichbare Heimkino-Angebote. Allerdings ist davon auszugehen, dass es sich bei einem beträchtlichen Teil der angebotenen „Films“ gar nicht um echte stroboskopische Bewegungsfilme, sondern lediglich um auf Film kopierte Bilderserien gehandelt haben dürfte, die wie Dias und vermutlich ohne Perforation Bild für Bild vor das Objektiv einer Laterna magica gezogen wurden.

Mit der Etablierung ortsfester Kinos mit rasch wechselnden Programmen gegen Ende der 1910er Jahre entstand ein florierender Zweitverwertungsmarkt für „abgespielte“ und zu einem Bruchteil der Originalpreise angebotene Kinofilme.
Ein spezifischer Filmmarkt für Heimkinos scheint sich dann in den 1920er Jahren entwickelt zu haben. Andererseits wurde noch in den 1930er Jahren bei den meisten Heimprojektoren deren Doppelfunktion als Filmprojektor und Laterna magica hervorgehoben und beim Kauf eines Gerätes neben Filmen immer auch Laterna-magica-Bilder beigegeben. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass im häuslichen Kontext die Gemeinsamkeit der „Projektionskünste“ wesentlich länger praktiziert wurde als in der öffentlichen Kinokultur.

Super-8
1965 wurde der Super-8-Film eingeführt. Dieses Format beherrschte die Heimkinoszene bis zu ihrer Ablösung durch die Videokassette Anfang der 1980er Jahre.
Super-8-Filme sind einseitig perforiert, die Bildgröße beträgt 5,36 × 4,01 mm. Auf einem Meter Film befinden sich 236 Bilder. Die Abspielgeschwindigkeit beträgt 18 oder 24 Bilder pro Sekunde. Die beliebten 20-Minuten-Kurzfassungen von Kinofilmen hatten demnach eine Länge von etwa 120 Metern. Zum Erfolg des Super-8-Formats trug nicht zuletzt dessen preiswerte Tonfilmvariante (mit ein oder zwei Magnettonspuren) bei. In den 1970er Jahren wurden fertige Farbtonfilme bis zu 300 Metern Länge in Super-8 angeboten.

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